Die Antikörper- Therapie half meinen entzündeten Fingern

(Bericht aus der Zeitschrift Freizeit Spass vom 19/2010)

In der Berliner Charité bekämpfen die Ärzte mit Neunen Infusionen Ursachen der rheumatoiden
Arthritis und machen die Patienten wieder Schmerzfrei

Der Schmerz kam auf dem Weg zur Arbeit. Plötzlich schwoll ihr Knie an. Es wurde dick und tat so weh, dass die damals 26- jährige Friseurmeistern Petra Schulz kaum noch laufen konnte. Doch sie hatte sich nirgends gestoßen oder verletzt. Es wird schon wieder vergehen dachte die junge Berlinerin und biss tapfer die Zähne zusammen.

Glücklicher Zufall. Sie schien recht zu behalten. Das Knie schwoll ab, die Schmerzen verschwanden.
Ein paar Tage später traten die Beschwerden jedoch erneut auf. Zufällig ließ sich auch eine Ärztin an diesem Tage in Petras Salon die Haare schneiden. Die Frauen sprachen über das dicke schmerzende Knie. Das könnte Rheuma sein, sagte die Medizinerin. Diagnose Sie behielt Rechst. Schon am nächsten Tag brachte eine gezielte Untersuchung mit einem Bluttest beim Hausarzt Klarheit. Ich hatte tatsächlich Rheuma erinnert sich Petra Schulz. Entzündliches Gelenkrheuma. Rheumatoide Arthritis. Obwohl ich so jung war. Was das bedeutet ahnte ich damals nicht.

Die Gelenke taten jeden Tag weh

Täglich schmerzen. Die Diagnose sollte ihr ganzes Leben verändern. Denn inzwischen ist die Berlinerin 51 Jahre alt und hat die Hölle hinter sich. Ein halbes Leben lang immer wieder schmerzen immer wieder Angst vorm nächsten Schub. Denn entzündliches Rheuma tritt in Schüben auf. Die Abstände dazwischen wurden immer kürzer. Schon nach wenigen Jahren musste Petra Schulz ihren Beruf aufgeben. Das Rheuma hatte auf Hände, Füße, Schultern, Hüfte übergegriffen. Die Gelenke schmerzten jeden Tag. Trotz starker Medikamente. Petra Schulz verlor nicht nur ihre Arbeit. Oft konnte sie nicht mal den Haushalt erledigen oder ihre krebskranke Mutter versorgen. Nun brauchte sie selbst Hilfe.

Kurze Besserung. Die Hilfe beschränkte sich auf immer stärkere Medikamente. Dazu gehören täglich Kortison und jede Woche eine Spritze mit Methotrexat das bei Krebspatien auch zur Chemotherapie angewendet wird. Alles half, aber immer nur kurz und vorrübergehend. Erzählt Petra Schulz. Die Krankheit wurde immer aggressiver. Vor zehn Jahren mussten beide Hände operiert werden, auch Kuren zeigten kaum Wirkung. Drei Monate später war alles wieder so schlimm wie vorher. Langsam bekam ich Angst, am Ende im Rollstuhl zu landen.

Erstmals hatte eine Therapie Wirkung gezeigt

Neue Freiheit Doch seit kurzem ist alles anders. Petra Schulz geht es drastisch besser. Sie hat kaum noch Schmerzen, Schafft den Haushalt, kann sich um ihre Mutter kümmern.

Der Grund: Ich wechselte die Klinik und wurde nun in der Uniklinik der Berliner Charité behandelt, dort erhielt ich eine neue Therapie mit Antikörper- Infusion. Darauf sprach ich erstaunlich gut an. Erstmals hatte eine Behandlung gewirkt.

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Neue Therapie Frau Schulz erhielt zwei Infusionen im Abstand von zwei Wochen. Danach war sie zehn Monate fast ohne Beschwerden. Dann bekam sie zwei neue Infusionen. Jetzt geht es ihren Gelenken tatsächlich wieder gut. Meine Finger sind nicht mehr geschwollen und tun nicht mehr weh“, strahlt sie glücklich.

Klinische Studie: Erst vor vier Jahren wurde die Rheuma Therapie mit dem Wirkstoff Rituximap offiziell zugelassen. Wir haben Frau Schulz zuvor im Rahmen einer klinischen Studie behandelt so Prof. Falk Hiepe (56) Rheumatologe und Oberarzt an der Berliner Charité Die Folge dieser Studien führten zur Zulassung des Mittels. Es handelt sich um gentechnisch hergestellten Antikörper. Sie entfernen gezielt jene Abwehrzellen aus dem Blut, die an der Entstehung von rheumatoider Arthritis und der Zerstörung der Gelenke beteiligt sind. Schwellungen und Schmerzen bilden sich zurück, die Gelenkzerstörung wird gestoppt.

Diagnose: Arthritis oder Arthrose ?

Fast 800 000 Deutsche leiden unter rheumatoider Arthritis. Frauen sind dreimal so häufig betroffen wie Männer. Meist bricht die Krankheit zwischen dem 30. und dem 50. Lebensjahr aus. Ursache ist eine Fehlsteuerung des Immunsystems. Die Körpereigene Abwehr greift versehentlich die Innenhaut der Gelenke an. Dort kommt es zu immer wiederkehrenden oder chronischen Entzündungen.

Arthritis darf aber nicht mit Arthrose verwechselt werden, unter der im Alter fast jeder leidet. Hier kommt es zu Gelenkverschleiß und einer Abnutzung der Gelenkflächen. Dagegen helfen Schmerzmittel und im Endstadium das Einsetzen künstlicher Gelenke.

Klinik: Europas größtes Krankenhaus

Die Berliner Charité ist Europas größtes und berühmtestes Medienzentrum. Früher wirkten hier goße Ärzte wie Rudolf Virchow, Robert Koch und Ferdinand Sauerbruch. Heute umfasst die moderne Charité 128 verschiedene Kliniken aller Fachrichtungen an vier Standorten mit insgesamt 3500 Betten.

Rund 15 000 Mitarbeiter behandeln, pflegen und heilen pro Jahr über 150 000 stationäre und 900000 ambulante Patienten. In den zahlreichsten Instituten betreibende Ärzte und Wissenschaftler medizinische Forschung auf höchstem Niveau.

Kontakt: Medizinische Klinik für Rheumathologie, Chariteplatz 1, 10117 Berlin Tel 030/ 450513061

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Therapie: 1-2 Infusionen im Jahr reichen

Wenn bei den Behandlung von chronisch entzündlichem Gelenkrheuma (Arthritis) die bisherigen Antirheuma- Medikamente nur ungenügend wirken oder der Patient sie nicht verträgt, können die Ärzte heute Infusionen mit speziellen Antikörpern einsetzen.

Diese sogenannten CD20-Antikörper entfernen gezielt bestimmte B-Lymphozyten aus dem Blut, die als Ursache für die rheumatoide Arthritis gelten. Pro Jahr sind etwa eine bis zwei Infusionen nötig.

Das Rhema wird so zwar nicht geheilt. Aber die Betroffenen erfahren eine ganz neue Lebensqualität, wenn sie mit wesentlich weniger Einschränkungen und fas ohne Schmerzen

Leben können. Seit der offiziellen Zulassung wird die Therapie auch von den Kassen gezahlt.

Kurz-Check: Sind Sie rheumagefährdet ? Ja Nein

1. Haben Sie seit über sechs Wochen mehr als zwei geschwollene Gelenke an den Händen oder Füße

2. Sind Ihre Hände morgens mind. Für eine Stunde steif, dass Sie kaum eine Faust ballen können?

3. Tun ihre (unverletzten) Gelenke morgens oder nachts weh und wird es tagsüber besser?

4. Wachen Sie in den berühmten Morgenstunden mit tiefsitzenden Kreuzschmerzen auf, die erst nach dem Aufstehen vergeht?

5. Leiden Eltern/Geschwister an Gelenkrheuma, Morbus Bechterew oder Psoriasis-Arthritis ?

Auswertung: Schon wenn Sie nur eine Frage mit Ja beantwortet haben, ist ihr persönliches Risiko für entzündliches Gelenkrheuma erhöht. Mit jedem zusätzlichen „Ja“ steigt die Wahrscheinlichkeit weiter an. Am besten lassen Sie vom Hausarzt die Rheumawerte im Blut bestimmen.