Umstellen von Opioiden macht Probleme

(Ärzte – Zeitung vom 7. Juli 2008)

Nicht medikamentös bedingte Umstellungen führen oft zu Verstärkung der Schmerzen / Kosten können steigen

FRANKFURT AM MAIN (hbr). Sogar bei stark wirksamen Opioiden der WHO-Stufe 3 müssen Apotheken statt der rezeptierten Medikamente nach Möglichkeit die preisgünstigsten Präparate abgeben. Das ist nicht nur ökonomisch unsinnig, sondern gefährdet auch noch die Patienten, warnen Schmerzexperten.

„Die aktuell praktizierte Form der unselektiven Arzneimittelumstellung – jeder muss einfach das Billigste bekommen, was es gibt – ist ökonomisch sinnlos“, betont Privatdozent Michael Überall aus Nürnberg. Denn nicht medikamentös bedingte Umstellungen führten oft zu deutlichen Verschlechterungen der Schmerzen. Das könne dann mehr Kosten verursachen, als durch das Ersatzprodukt eingespart werden – etwa durch Krankschreibung und zusätzliche Therapie-Anpassungen und Arztkontakte.

Umstellung bei mehr als 400 Patienten untersucht

Darauf weisen Daten von mehr als 400 chronisch Schmerzkranken hin, die statt des verordneten Stufe-3-Retardopioids – Oxycodon, die Fixkombination Oxycodon / Naloxon (Targin®) oder Fentanyl – ein wirkstoffgleiches, dosisäquivalentes Präparat erhielten. Der Austausch führte bei den meisten Patienten zu einer Zunahme der Schmerzen. Diese wurden anhand der von 0 bis 10 reichenden numerischen Schmerzskala (NAS) gemessen. So stieg die niedrigste empfundene Schmerzintensität bei 86 Prozent der Patienten um bis zu fünf Punkte auf der NAS. Und die als maximal empfundene Schmerzstärke nahm bei drei Viertel der Patienten um bis zu neun Punkte auf der NAS zu.

Insgesamt nahmen die Schmerzen bei bis zu 60 Prozent der Patienten um ein Drittel zu. Zum Vergleich: Eine Schmerzlinderung um 30 Prozent ist ein Zielkriterium für die Zulassung eines neuen Medikamentes. Der finanzielle Nutzen war dürftig: „Für einen Euro Einsparung an Tagestherapiekosten nehmen wir eine Verschlechterung um 2,3 Punkte in Kauf“, so Überall bei einer Veranstaltung von Mundipharma in Frankfurt am Main. Das sei die Einsparung nicht wert.

11 000 Ärzte berichten von ihren Erfahrungen

Ähnliche Ergebnisse brachte eine Befragung von mehr als 11 000 Ärzten. Die Ärzte gaben an, dass zwei Drittel ihrer auf preisgünstigere Präparate umgestellten Patienten Wirksamkeits- oder Verträglichkeitsprobleme hatten. Jeder zweite brauchte eine Rückumstellung. Den Daten zufolge scheint eine Umstellung vor allem dann nicht ratsam zu sein, wenn die vorige Therapie gut wirksam und verträglich war, der Patient länger als ein Jahr behandelt wurde oder ein Retardpräparat erhielt.